Über den Rand ihrer Brille konnte sie einen Maßgeschneiderten Anzug erspähen, der auf sie zu kam.
Einfach ignorieren, vielleicht geht er dann wieder fort, dachte sie und wandte sich wieder ihren Notizen zu. Der Anzug näherte sich jedoch unbeirrt und hielt vor ihr an.
“Professor Foirenston!”
Damian Lichtenfels verbreitete eine kalte Aura. Die Konrektoren konnte förmlich spüren, wie die Temperatur um sie herum sank. Verärgert über die Störung sah sie zu ihm auf. Sein arroganter Gesichtsausdruck brachte ihr Blut in Wallung. Am liebsten hätte sie die Atmosphäre mit Elektrizität aufgeladen und ihm einen kleinen Stromschlag verpasst.
Doch in ihrer Position konnte sie sich leichtfertigen Umgang mit Magie nicht leisten. Außerdem stand sie über solchen billigen Mätzchen.
“Professor… was kann ich für Sie tun?”
Ihr Tonfall machte deutlich, dass er maximal 5 Sekunden hatte und sie besser nicht mit Nichtigkeiten behelligen sollte. Sie hatte ihn über die Jahre perfektioniert. Es gab Studenten, die sich nicht einmal trauten Sie anzusprechen.
“Haben Sie gesehen, dass die hiesige Studentenzeitschrift eine Internetseite mit magischem Inhalt aufgeschalten hat?!”
Seine Worte transportierten weit mehr als den offenkundigen Inhalt. Sie überbrachten, kombiniert mit einem sorgfältig gewählten Tonfall, die Botschaft, dass
a) es ihr Job als Konrektorin war über solche Dinge informiert zu sein und
b) sie diesen Job mangelhaft ausübte, sonst wäre es nicht so weit gekommen.
Damian Lichtenfels hatte es von Anfang an auf den Posten des Konrektors abgesehen und sein Ego hatte es bis heute nicht verkraftet, dass Sie die Stelle erhalten hatte. Kleine Plänkeleien und Wortgefechte gehören bei Ihnen zur Tagesordnung.
“Selbstverständlich habe ich es gesehen, sonst wäre die Seite nicht sofort gesperrt worden”, gab sie aalglatt zurück.
Sie wusste genau, dass er als Erstes versucht hatte die Seite aufzurufen.
Ein hungriger Piranha, der Blut im Wasser wittert.
Aus diesem Grund hatte sie das lustige Bild mit dem Sensenmann gewählt. Er sollte dem Professor zeigen, wie wenig Humor er mit seiner verbissenen Art bewieß.
“Eine entsprechende Antwort habe ich ebenfalls verfasst und Luna ist gerade dabei sie zu kopieren.”
Damit war das Thema für sie erledigt.
Jedoch bei Weitem nicht für den Hetaeria Magi.
“Ich sehe, Sie haben an alles gedacht. Dann werden Sie sicher auch bereits eine passende Sanktion für die Verantwortlichen ersonnen haben – nachdem sie jene aufspüren”, bemerkte er mit einem zynischen Lächeln.
Also jetzt geht er zu weit!
Katlin Foirenston atmete einmal tief durch und erhob sich langsam. Ihr Blick unverwandt auf seine Augen geheftet. Sie war für eine Frau sehr groß, doch dieser Mistkerl überragte sie trotzdem um einige Zentimeter. Jetzt wären die unbequemen Highheels, die sie letzte Woche im Schuhladen gesehen hatte, von Vorteil gewesen. Doch Foirenston besaß innere Größe und mehr bedurfte sie nicht. Sie griff nach ihren Notizen, bündelte sie mit lautem Klopfen auf die Tischplatte und richtete sich würdevoll auf.
“Ob, wann und in welcher Form ich Studenten sanktioniere, obliegt allein meinem Ermessen. Es ist gut, dass Sie ein Auge auf die Veröffentlichungen der Studenten werfen. Immerhin sehen zwei Paar Augen mehr als eines, doch für den Moment benötige ich keine weitere Hilfe von Ihnen in dieser Sache. Im Übrigen ist mir zu Ohren gekommen, dass erneut Studenten des Hetaeria Magi sich daran versucht haben das Ritus Auri durchzuführen. Wenn Sie also so erpicht darauf sind Studenten zu degradieren, wie wäre es, wenn Sie bei Ihrem eigenen Orden anfangen? Es sei denn natürlich, Sie unterstützen es, wenn Begabte illegale Zauber erproben und Gold für ihre persönlichen Zwecke herzaubern wollen.”
Sie genoss den gereizten Blick des Professors, der ihr auch dann noch folgte, als sie gelassenen Schrittes zu ihrem Büro schlenderte, um in Ruhe ihre Notizen studieren zu können.